8. Wissenschaftlicher Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“
8. Wissenschaftlicher Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“
Familienmedizin in neuen Praxisformen: NAVIGATION – ein Versorgungsmodell für Primärversorgungszentren am Beispiel der Poliklinik Veddel (Hamburg)
Text
Für die Ausgestaltung der Primärversorgung wird aufgrund demografischer Veränderungen und fragmentierter Versorgungssysteme international und auch in Deutschland seit längerer Zeit eine stärkere Koordination der Versorgung, eine kooperative Versorgung unter Einbeziehung unterschiedlicher Gesundheitsprofessionen und eine stärkere Ausrichtung an den Bedarfen der lokalen Bevölkerung gefordert [1]. Einen wesentlichen Baustein können Primärversorgungszentren darstellen, in denen unter einem Dach unterschiedliche Gesundheitsprofessionen zusammenarbeiten und die Versorgung koordinieren.
Die Poliklinik Veddel ist ein pilotprojektartiges Primärversorgungszentrum in einem der ärmsten Stadtteile Hamburgs mit einem überdurchschnittlichen Anteil an chronischen Erkrankungen in der Bevölkerung. Seit 2017 arbeitetet ein Team aus Psycholog:innen, Sozialarbeiter:innen, Hebammen, MFA und Hausärzt:innen in einem interprofessionellem Versorgungsmodell (u.a. mit wöchentlichen Fallkonferenzen) zusammen [2].
In dem vom Innovationsfond geförderten Projekt „Nachhaltig versorgt im gemeindenahen Gesundheitszentrum – Gesundheit im Zentrum“ (NAVIGATION) wird auf die bisher gemachten Erfahrungen aufgebaut und das Versorgungsmodell weiterentwickelt. Vorrangig an Patient:innen mit chronischen Erkrankungen und gleichzeitig vorliegenden psychosozialen Belastungen gerichtet, soll von den beteiligten Berufsgruppen ein individuell abgestimmter Versorgungspfad entwickelt werden, der auch soziale Faktoren miteinbezieht. Eine akademisch ausgebildete Pflegekraft – die Community Health Nurse – übernimmt koordinative Funktionen und begleitet die Patient:in als feste Ansprechpartner:in über den gesamten Versorgungsprozess. Begleitet wird die individuelle Versorgung durch Gruppenangebote zur Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz. So soll ein niedrigschwelliger Zugang zum Versorgungssystem auch für vulnerable Gruppen mit komplexen Versorgungsbedarfen gewährleistet werden. Ziel ist die Entwicklung eines Versorgungsmodells, das perspektivisch in die Regelversorgung übernommen werden könnte (https://navigation-im-pvz.de/).
Zu diskutieren wäre, inwieweit NAVIGATION auch in Hinblick auf familienmedizinische Versorgungsbedarfe ein geeignetes Modell darstellen könnte, beispielsweise im Falle sich entwickelnder Pflegebedürftigkeit eines Familienmitglieds, gesundheitlich belastender innerfamiliärer Konflikte oder versorgungsintensiver chronischer Erkrankungen mit Auswirkungen auf das familiäre System.
Literatur
[1] Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege. Gutachten 2014. Bedarfsgerechte Versorgung - Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche. 2014.[2] Filmar T, Schlegel K, Waidhas L, Schröder M, Dickel P, Hänel P, Spreckelsen O. Interprofessionelle Primärversorgungszentren als Lösungsansatz für die Versorgungsprobleme der Zukunft - am Beispiel der Poliklinik Veddel. In: Repschläger U, Schulte C, OsterkampN, Herausgeber. BARMER Gesundheitswesen aktuell 2024. BARMER;2024.



