36. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V.
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Präpartale Physiotherapie
Text
Einleitung: Viele Geburten verlaufen gut, vor allem wenn ein gutes präventives Vorgehen den Frauen die Bedeutung des Beckenbodens schon vor der Schwangerschaft und spätestens in der Geburtsvorbereitung angeboten wird. Die E-Pad-Studie in Köln zeigt wie oft schwerwiegende Schäden bei Geburten auftreten [1]. Die meisten Frauen gehen aber heute noch ungenügend vorbereitet in die Geburt. Die Angebote über YouTube oder Instagram sind vielfältig, aber auch gut? Ein präpartaler Beckenbodencheck bei einer Physio Pelvica wäre sehr hilfreich.
Die Frauen lernen schon in oder bestenfalls noch vor der Schwangerschaft wie sie den Beckenboden ansteuern können und auch für die Geburt entspannen können.
Das ist keinesfalls schon in der Frauenwelt und auch Ärzteschaft angekommen, aber ich möchte hier einen Ansatz aufzeigen, der hilft den Beckenboden schon bei den Frauen zu implementieren, damit sie in der Geburt besser loslassen können und auch nach der Geburt mit sanftem Training wieder beginnen können.
Wenn eine Frau den Beckenboden erst im gedehnten Zustand postpartum erspüren soll, dann ist dies schwer möglich. Zudem oft der nervus pudendus überdehnt oder gedehnt sein kann, was zu einer nervalen Wahrnehmungsstörung des Beckenbodens führt. Frauen, die schon durch eine gezielte Untersuchung präpartum wissen, wie sie den Beckenboden ansteuern können, gelingt dies auch viel besser postpartum, da sie die Bewegungen schon im Gehirn gespeichert haben.
Methode: Ich bin Physio Pelvica und Kontinenztrainerin. Die speziell ausgebildeten Physiotherapeutinnen untersuchen im Stand und auch im Sitzen mit Spiegelkontrolle. Ich gebe dem Beckenboden Noten von 0-5 nach dem Oxford Grading. Zudem beurteile ich den Spannungszustand des Beckenbodens nach normoton, hypoton oder hyperton. Des weiteren beurteile ich nach dem Perfect Schema. Dies beinhaltet:
- Performance / Kraft 0-5 Oxford Garding
- Endurance/ Ausdauer 10sek.
- Repetitions / Wiederholbarkeit 5-10x
- Elevation/ Liften nach cranial und ventral
- Co Contraction/ wie reagiert er mit anderen Muskelgruppen hier insbesondere des m.tranversus abdominus
- Timing/ wie schnell reagiert der Beckenboden
- Relaxion/ wie gut kann er entspannen.
Ebenso beurteile ich Senkungszustände der Beckenorgane. Denn leider haben einige Frauen schon durch zu viel Sport oder durch vermehrtes Husten Absenkungen der Urethra, der Blase, des Uterus oder des Rektums.
Zusätzlich kann dies durch Ultraschall sichtbar gemacht werden.
Verhaltensmuster beim Husten, Heben, Tragen sind genauso Bestandteil der präventiven Maßnahmen.
Diese ausführliche Untersuchung bekommen Frauen bei Physio Pelvicas und können so genau ihren persönlichen Beckenbodencheck erhalten.
Dies kann auf Rezept verordnet werden oder aber auch durch Privatleistung erhalten werden. Nach meinem Empfinden müssten Frauen, die sich schon vor einer Schwangerschaft um ihre Beckenbodengesundheit bemühen, eine Belohnung von den Krankenkassen bekommen, da sie einfach besser Bescheid wissen, wie sie sich gesund verhalten können.
Ergebnisse: Meine Erfahrungen nach 34 Jahren Rückbildungsgymnastik und 25 Jahren Therapie mit Frauen prä- und postpartum zeigen, dass die Frauen sehr viel besser in der Geburt loslassen können und so die Geburt besser lenken können. Des Weiteren wissen sie durch das vorherige Training bezüglich Heben und Tragen, wie sie sich nach der Geburt besser verhalten müssen um Druck auf den Beckenboden zu vermeiden.
Frau Dr. Lenzen Schulte schreibt in einem Artikel Postpartale Fürsorge ist Vorsorge. Ich würde noch weiter gehen und sagen, präpartale Fürsorge ist Vorsorge.
Schlussfolgerungen: Präpartum Physiotherapie verbessert die Beckenbodenwahrnehmung und erleichtert Frauen die Geburt [2].
Die Frauen können ihre Beckenbodengesundheit dadurch verbessern.
Das Training postpartum gelingt besser durch präpartale Maßnahmen.
Ein zu starker Beckenboden ist für die Geburt hinderlich [3].
Literatur
[1] Wenderlein JM. Geburtshilfestudien: Kein Tabuthema. Dtsch Arztebl. 2023 Aug;120(33-34):A1384.[2] Sobhgol SS, Smith CA, Dahlen HG. The effect of antenatal pelvic floor muscle exercises on labour and birth outcomes: a systematic review and meta-analysis. Int Urogynecol J. 2020 Nov;31(11):2189-2203. DOI: 10.1007/s00192-020-04298-1
[3] Bø K, Hilde G, Jensen JS, Siafarikas F, Engh ME. Too tight to give birth? Assessment of pelvic floor muscle function in 277 nulliparous pregnant women. Int Urogynecol J. 2013 Dec;24(12):2065-70. DOI: 10.1007/s00192-013-2133-8



