59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Delphi-Verfahren im Projekt ADAPT-HEAT – Empfehlungen für eine hitzesensible Medikationsanpassung
2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Klinische Pharmakologie, Hannover, Deutschland
3DIAKOVERE Krankenhaus gGmbH, Zentrum für Medizin im Alter, Deutschland
4Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Allgemeinmedizin, Köln, Deutschland
5Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät und Uniklinikum, Institut für Global Health, Heidelberg, Deutschland
Text
Hintergrund: Die Zunahme von Hitze und extremen Hitzeereignissen durch den Klimawandel ist mit erhöhten Gesundheitsrisiken verbunden und verschiedene Medikamente können hitzebedingte Gesundheitsrisiken verstärken. Bislang fehlen evidenzbasierte, konsentierte Empfehlungen zur hitzesensiblen Medikationsanpassung, die als Entscheidungsgrundlage für Hausärzt:innen und andere Gesundheitsfachpersonen dienen können.
Zielsetzung/Fragestellung: In ADAPT-HEAT (Adaptation of drug therapy during hot seasons; Innovationsfonds beim G-BA; 01VSF23016; 01.2024–12.2026) soll eine sog. „CALOR-Liste“ u.a. mittels eines Delphi-Verfahren entwickelt werden, die evidenzbasierte, konsentierte und sektorenübergreifend gültige Empfehlungen zur hitzesensiblen Medikationsanpassung beinhaltet.
Material und Methoden: Aus einer Evidenzsynthese wurden 76 Empfehlungen zur hitzesensiblen Medikationsanpassung zu 32 Stoffklassen abgeleitet. Expert:innen für Arzneimittelversorgung und/oder für die Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit wurden für das Delphi-Panel rekrutiert. Im Delphi-Verfahren werden die Inhalte und Formulierungen der Empfehlungen in bis zu drei Abstimmungsrunden hinsichtlich ihrer Relevanz und Umsetzbarkeit bewertet. Für einen Konsens bedarf es einer Zustimmung von 75% der Expert:innen zu beiden Kriterien. Die Abstimmung erfolgt als Online-Befragung über SoSciSurvey, die Auswertung mittels SPSS und Excel.
Ergebnisse: An der ersten Runde des Delphi-Verfahrens nahmen 39 Expert:innen (Durchschnittsalter 47 Jahre; 56% weiblich) teil. Die meistvertretenen Berufsgruppen waren Apotheker:innen (n = 14) und Hausärzt:innen (n = 9). 76 Empfehlungen wurden in Runde 1 zur Abstimmung gestellt, wovon 51 Konsens erreichten und 25 verfehlten. Basierend auf den Freitextkommentaren wurden alle Empfehlungen überarbeitet. Von den Empfehlungen ohne Konsens wurden 19 in Runde 2 aufgenommen, 6 wurden verworfen und 6 neu erstellt. Weitere 19 Empfehlungen mit Konsens wurden inhaltlich überarbeitet, wodurch in Runde 2 über 44 Empfehlungen entschieden wird. Die finalen Ergebnisse liegen zum Kongress vor.
Diskussion: Die CALOR-Liste trägt zur Verbesserung der Versorgung von Patient:innen vor und während Hitzeereignissen und zur Vorbeugung hitzebedingter Gesundheitsstörungen bei. Eine erfolgreiche Implementierung erfordert die Schulung des Gesundheitsfachpersonals.
Take Home Message für die Praxis: Die CALOR-Liste kann Hausärzt:innen eine konkrete Hilfestellung zur Vorbeugung hitzebedingter Gesundheitsstörungen bieten und trägt zu einer Sensibilisierung für die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels bei.