59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Bildgebende Monitoring-Routinen: Perspektiven von Patient:innen auf wahrgenommenen Nutzen, Vertrauen und Entscheidungsfindung
2Philipps-Universität Marburg, Institut für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland
Text
Hintergrund: Bei Patient:innen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) oder nach Schlaganfall werden im Rahmen eines Monitoring regelmäßig bildgebende Untersuchungen wie Echokardiographie oder Duplexsonographie durchgeführt. Die Evidenzgrundlage für deren routinemäßigen Einsatz ist begrenzt. Gleichzeitig ist wenig darüber bekannt, wie betroffene Patient:innen diese Maßnahmen bewerten und welche Bedeutung sie dem Monitoring beimessen.
Zielsetzung/Fragestellung: Wie erleben und bewerten Patient:innen mit KHK oder nach Schlaganfall regelmäßige Verlaufskontrollen mittels Echokardiographie oder Duplexsonographie?
Material und Methoden: Im Rahmen eines qualitativen Forschungsansatzes wurden halbstrukturierte Interviews mit Patient:innen von November 2023 bis März 2024 geführt, die in den letzten drei Jahren mindestens eine Echokardiographie oder Duplexsonographie erhalten hatten. Die Teilnehmenden wurden in Nordbayern und Hessen rekrutiert. Die Auswertung erfolgte mittels reflexiver thematischer Inhaltsanalyse.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 14 Patient:innen an einem Interview teil. Sie berichteten überwiegend von einer positiven Einstellung gegenüber den Untersuchungen, die mit einem Gefühl von Sicherheit und der Annahme medizinischer Notwendigkeit einherging. Entscheidungen zur Häufigkeit des Monitorings wurden vollständig den behandelnden Ärzt:innen überlassen. Eine mögliche Reduktion wurde kritisch gesehen und mit einer möglicherweise zugrundeliegenden Rationierung der Versorgung verbunden. Monitoring wurde auch dann als sinnvoll empfunden, wenn es nicht unmittelbar therapeutische Konsequenzen hatte. Spezialisierte Fachärzt:innen wurden im Rahmen des Monitorings als Expert:innen gesehen; Hausärzt:innen sahen die Teilnehmenden diesbezüglich in einer untergeordneten koordinierenden Funktion.
Diskussion: Monitoring erscheint aus Patientensicht nicht nur als diagnostisches, sondern auch als psychosoziales Instrument: Es stärkt das Vertrauen in die medizinische Betreuung und vermittelt Sicherheit. Gleichzeitig zeigen sich optimistische Erwartungen an den Nutzen. Potenzielle Risiken oder Überdiagnosen werden kaum thematisiert. Diese Wahrnehmungen unterstreichen die Verantwortung der ärztlichen Seite, Monitoring-Maßnahmen kritisch zu hinterfragen und transparente Kommunikation im Sinne eines Shared Decision Making zu fördern.
Take Home Message für die Praxis: Patient:innen verstehen bildgebende Verlaufskontrollen als Zeichen hochwertiger Versorgung. Ärzt:innen sollten ihre Patient:innen über Nutzen, Grenzen und mögliche Risiken von Monitoring aufklären.