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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Umgang mit Unsicherheit in der hausärztlichen Praxis – Perspektiven und Bedürfnisse von Ärzt:innen in Weiterbildung

Andreas Christian Dreher 1
Pauline Scharli 1
Christine Becker 1
Anika Mitzkat 1
Attila Altiner 1
Simon Schwill 1
1Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Text

Hintergrund: Unsicherheit ist ein alltäglicher Bestandteil im Niedrigprävalenzbereich der hausärztlichen Praxis – sei es durch unspezifische Symptome, unklare Krankheitsverläufe oder begrenzte diagnostische Möglichkeiten im Praxisalltag. Der Umgang mit diagnostischer und therapeutischer Unsicherheit stellt insbesondere für Ärzt:innen in Weiterbildung (ÄiW) eine zentrale Herausforderung dar.

Zielsetzung/Fragestellung: Welche Rolle spielt Unsicherheit für ÄiW in der hausärztlichen Praxis und wie gehen sie hiermit um? Welche Bedürfnisse zum besseren Umgang mit Unsicherheit haben Ärzt:innen in Weiterbildung?

Material und Methoden: ÄiW aus dem Kompetenzzentrum Weiterbildung Baden-Württemberg (KWBW) wurden anhand eines selbst entwickelten Leitfadens in Video-Interviews semi-strukturiert befragt. Die Aussagen wurden Wort für Wort transkribiert und inhaltsanalytisch angelehnt an Kuckartz ausgewertet. Die durchschnittliche Interviewdauer lag bei 50 Minuten (min. 36 min, max. 59 min).

Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der Einreichung war die Datenerhebung noch nicht vollständig abgeschlossen. ÄiW erleben Unsicherheit regelmäßig und empfinden den Umgang hiermit als deutliche Herausforderung. Als Strategien wurden abwartendes Offenhalten, kollegiale Rücksprache, Nutzung von Leitlinien zur Orientierung sowie die eigene Erfahrung benannt. ÄiW erleben Unsicherheit in der hausärztlichen Versorgung stärker als im stationären Bereich. Didaktisch wünschen sich ÄiW die Thematisierung von Unsicherheit bereits im Studium z.B. im Rahmen von Fallbesprechungen in Kleingruppen.

Diskussion: Es konnten unterschiedliche Strategien im Umgang mit Unsicherheit exploriert werden. Zu Beginn der Weiterbildung spielt ein strukturiertes Vorgehen und kollegiale Rückversicherung eine relevante Rolle, im Verlauf der Tätigkeit gewinnen Erfahrung und Intuition an Bedeutung. Die Kommunikation von Unsicherheit ist ein Spannungsfeld zwischen Transparenz, Vertrauensaufbau und dem Anspruch, Sicherheit zu vermitteln. In der Allgemeinmedizin ist es wichtig, Unsicherheit fortlaufend didaktisch zu thematisieren und zu reflektieren.

Take Home Message für die Praxis: Der professionelle und reflektierte Umgang mit Unsicherheit gehört zu den Schlüsselkompetenzen von Hausärzt:innen und beeinflusst klinische Entscheidungen, die Ärzt:innen-Patient:innen-Beziehung und die berufliche Zufriedenheit.