59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Eine verbesserte palliative Versorgung für Menschen mit Herzinsuffizienz – Wünsche und Bedürfnisse von Hausärzt:innen und niedergelassenen Kardiolog:innen
2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Deutschland
3Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Campus Charité Mitte & Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Deutschland
Text
Hintergrund: Die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) soll Menschen mit unheilbaren Erkrankungen wohnortnah unterstützen. Bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz könnten Hausärzt:innen und Kardiolog:innen eine zentrale Rolle in der AAPV übernehmen und die Brücke zwischen primärer und spezialisierter ambulanter palliativer Versorgung (SAPV) bilden. Während für onkologische Erkrankungen eine gute Studienlage besteht, ist die AAPV bei Herzinsuffizienz im deutschen Versorgungssystem kaum untersucht.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, Versorgungslücken in der AAPV von Menschen mit Herzinsuffizienz aus Sicht von Hausärzt:innen und niedergelassenen Kardiolog:innen zu identifizieren sowie Wünsche, Erwartungen, Barrieren und fördernde Faktoren zu charakterisieren.
Material und Methoden: Wir führten problemzentrierte, semistrukturierte Interviews mit Hausärzt:innen und niedergelassenen Kardiolog:innen im Großraum Berlin durch. Die Transkripte wurden anonymisiert und mittels thematischer Analyse nach Braun & Clarke mit MAXQDA ausgewertet.
Ergebnisse: 12 Hausärzt:innen und 5 Kardiolog:innen (65% weiblich, Alter im Mittel 55) nahmen an der Studie teil. Maßnahmen und Entscheidungen innerhalb der AAPV erfolgen primär hausärztlich – meist basierend auf klinischer Einschätzung und Patient:innenwunsch, weniger auf Leitlinien oder standardisierten Tools. Die befragten Ärzt:innen berichten, dass eine AAPV durch fehlende Finanzierung sowie Zeit- und Personalmangel erschwert wird. Weitere strukturelle und organisatorische Barrieren bestehen: eingeschränkter Zugang zu ambulanter Physiotherapie, psychologischer und sozialdienstlicher Unterstützung. Auch die Organisation einer SAPV bei Herzinsuffizienz ist herausfordernd: Es fehlen transparente Zugangskriterien, Wissen über die Antragstellung und ausreichende Kapazitäten. Die Befragten wünschen sich regionale Netzwerke, leichtere Einbindung anderer Fachdisziplinen, Stärkung der häuslich-zentrierten Versorgung sowie bessere zeitliche und finanzielle Abbildung der AAPV.
Diskussion: Unsere Studie identifiziert Ansätze zur Verbesserung der AAPV bei Herzinsuffizienz: Aufbau interprofessioneller, regionaler Netzwerke, besserer Zugang zu angrenzenden Versorgungsstrukturen sowie strukturelle und finanzielle Entlastung. Quantitative Erhebungen sind notwendig, um repräsentative Aussagen zu treffen.
Take Home Message für die Praxis: In der AAPV von Menschen mit Herzinsuffizienz existieren strukturelle, interprofessionelle und organisatorische Barrieren. Die genannten Erfahrungen der Ärzt:innen bieten Ansatzpunkte zur Verbesserung.